Die Schlittenbauer aus dem Thurgau
Der echte Davoser Schlitten entsteht mitten im thurgauischen Sulgen: Wagner und Wagnerinnen bauen ihn von Hand. Ein Handwerk, das man so fast nur noch in der Schweiz findet. In der nachfolgenden Reportage aus dem Magazin «Ausblick» gehen wir der Geschichte des Davosers nach, der eigentlich auch Thurgauer heissen könnte.
Der echte Davoser Schlitten entsteht mitten im thurgauischen Sulgen: Wagner und Wagnerinnen bauen ihn von Hand. Ein Handwerk, das man so fast nur noch in der Schweiz findet. In der nachfolgenden Reportage aus dem Magazin «Ausblick» gehen wir der Geschichte des Davosers nach, der eigentlich auch Thurgauer heissen könnte.
Davoser aus dem Thurgau
Die Holzspäne wirbeln durch die Werkstatt, als Erwin Dreier die mit Dampf gebogenen Holzkufen für den Schlitten fräst. «Die beiden Kufen eines Schlittens müssen immer aus demselben Brett gefertigt sein, sonst fährt er nicht gerade», erzählt der Inhaber der 3R AG später vor der Scheune. Der Winterwind bläst eisig kalt und so geht er schnellen Schrittes in die Dampfbiegerei nebenan. Seit 1930 steht der Betrieb 3R in Sulgen an der Kirchstrasse. Die am Haus angebaute Scheune mit Stall wurde zur Wagnerei umgebaut. 1936 wurde in einem Anbau die Dampfbiegerei eingerichtet und 1970 der heutige Maschinensaal erstellt.
Ein Team von elf Personen arbeitet im Betrieb und stellt Holzschlitten, Sitzbänke und neu auch Hochbeete aus (Ost-)Schweizer Holz her. Auch ein Wagnerlehrling arbeitet im Betrieb – ein seltener Beruf heute, der so nur noch in der Schweiz gelehrt wird. Es gibt schweizweit insgesamt nur noch sechs Wagnerlehrlinge, von denen vier dieses Jahr abgeschlossen haben. Ihr Handwerk ist heute als Fachrichtung in den Schreinerberuf integriert. Wagner und Wagerinnen waren ursprünglich auf das Herstellen von Wagen spezialisiert und allen aus Holz gefertigten Teilen wie Rädern oder Wagenkästen, aber auch von landwirtschaftlichen Geräten. «Früher gab es in jedem Dorf ein bis zwei Wagnereien. Die waren so häufig wie heute Autogaragen», erzählt Dreier. Karosseriefirmen seien aus den Wagnereien entstanden oder Schreinereien, die heute Skis, Turngeräte, Möbel oder eben Schlitten herstellen.
«Wagnereien waren früher so häufig wie heute Autogaragen.»
5000 Schlitten pro Jahr
In der Dampfbiegerei ist es warm und laut. Die Maschine zischt, als sie die Holzlatten in ihre runde Form biegt. Im Februar schneiden die Wagner und Wagnerinnen das Holz in die Form. «Aus den Filetstücken werden Kufen, die dürfen keine Äste oder Holzfehler haben», erklärt Dreier. Bis zu den Sommerferien biegen sie die Holzlatten und stellen die anderen Teile für den Schlitten her. Im August wird alles montiert, so dass die Auslieferung im Oktober an Sportgeschäfte, Tourismusbetriebe und per Onlineshop an private Käufer beginnen kann.
Das Besondere am Betrieb 3R ist sein Schwerpunkt auf die Holzbiegerei und die Herstellung der Schlitten von Anfang bis Ende. Es gibt viele kleinere Betriebe schweizweit, die Schlitten herstellen und die 3R mit Rohlingen beliefern – aber fast niemand mehr biegt selber das Holz. Es gibt zudem keinen anderen Betrieb in der Schweiz, der so viele Schlitten herstellt wie 3R. Bis zu 5000 Stück sind es pro Jahr – Schwankungen gehören wetterbedingt dazu. «Den Klimawandel merken wir sehr. Gibts im Unterland keinen Schnee, verkaufen wir viel weniger Schlitten.» Schneereiche Winter wie im Vorjahr machen jedoch Hoffnung. Dreier und sein Team schauen es als Herausforderung an, einen Weg zu finden. «Wir wollen die Tradition weiterführen, so lange man schlitteln kann.»
«Wir wollen die Tradition weiterführen, so lange man schlitteln kann.»
Die schönsten Schlittelpisten in der Ostschweiz
In der Ostschweiz gibt es zahlreiche Schlittelpisten. Auf der Seite der Regionalbahn Thurbo sind die schönsten davon zusammengestellt. Zudem sind hilfreiche Tipps für mehr Schlittelspass zu finden. Schnapp also deinen Davoser und fahr in den Thurgau!