Auf Napoleons Spuren
Napoleon der Dritte verbrachte einen Grossteil seiner Jugend im Thurgau auf Schloss Arenenberg. Der spätere Kaiser Frankreichs war ein Charakter, der zu Unrecht an den Rand der Geschichte gedrängt wurde. In der Region schätzte und achtete man ihn, der Kanton Thurgau ernannte ihn zum einzigen Ehrenbürger und er sprach sogar Thurgauer Dialekt. Seine Hinterlassenschaften am malerischen Untersee können noch heute erkundet werden.
Napoleon der Dritte verbrachte einen Grossteil seiner Jugend im Thurgau auf Schloss Arenenberg. Der spätere Kaiser Frankreichs war ein Charakter, der zu Unrecht an den Rand der Geschichte gedrängt wurde. In der Region schätzte und achtete man ihn, der Kanton Thurgau ernannte ihn zum einzigen Ehrenbürger und er sprach Thurgauer Dialekt. Seine Hinterlassenschaften am malerischen Untersee können noch heute erkundet werden.
Schloss Arenenberg – Napoleonmuseum Thurgau
Als Kaiser Napoleon I. abgesetzt und ins Exil verbannt wurde, musste auch der Rest der kaiserlichen Familie Frankreich verlassen. So brach 1815 der junge Louis Napoleon, Neffe von Napoleon I. und späterer Kaiser Frankreichs, mit seiner Mutter in die Ungewissheit auf. Nachdem ihnen an verschiedenen Orten in Frankreich und der Schweiz kein Aufenthalt gewährt wurde, liessen sie sich vorerst in Konstanz nieder. Von dort aus kauften sie Schloss Arenenberg im Thurgau, das gemäss Louis Napoleons Mutter «recht beengend, ziemlich heruntergekommen, aber sehr schön gelegen» sei.
Beengend und heruntergekommen?
Die Ausdrücke «beengend» und «heruntergekommen» passen heute so gar nicht mehr zum Arenenberg. Sofort nach dem Kauf von Schloss Arenenberg veranlasste Hortense, die Mutter Louis Napoleons, Umbauarbeiten sowie die Schaffung eines Parks. Sie richtete die prächtigen Salons stilsicher ein und holte Pariser Flair in den Thurgau. Was die Familie zurück liess, ist heute im Napoleonmuseum im Schloss Arenenberg zu entdecken. Gäste flanieren durch die originalbelassenen Räume und erfahren, wie Hortense mit ihrem Sohn gelebt hat.
Hast du gewusst? Die kaiserliche Familie war in der Region sehr beliebt, wohltätig und gesellschaftlich und wirtschaftlich sehr aktiv. Aber auch den Frauen war Louis Napoleon in seiner Jugend nicht abgeneigt und soll den einen oder anderen Nachfahren im Thurgau hinterlassen haben. So viele uneheliche Kinder wie erzählt wird, waren es gemäss Dominik Gügel, Dirketor des Napoleonmuseums, dann aber doch nicht. Louis war aufgrund seiner Beliebtheit schlicht der bessere Sündenbock als der wahre Täter, wie etwa der arme Schlucker von nebenan.
«Stilsicher eingerichtete Salons und Pariser Flair im Thurgau.»
Der Napoleonturm
Wo heute der über 30 Meter hohe Napoleonturm steht, stand ab dem Jahr 1829 bereits der Turm «Belvédère zu Hohenrain». Dieser geht auf die Initiative des jungen Prinzen Louis Napoleon zurück und ist ein schönes Beispiel für die Förderung der kaiserlichen Familie von lokalen Projekten. Auf drei Plattformen sollen sich eine Tanzfläche, ein kleines Restaurant und ein Fernrohr befunden haben, so die Überlieferung. Der alte Turm, der bereits 25 Jahre später wegen einsetzender Fäulnis abgebrochen wurde, soll sechs Kreuzer Eintrittsgebühr gekostet haben – damals immerhin etwa drei Stundenlöhne. Der neue Napoleonturm, ein elegantes Holzbauwerk, hingegen ist kostenlos. Auf den 200 Stufen – jede steht für ein Jahrzehnt – lassen sich zwei Jahrtausende Regionalgeschichte entdecken, mit allen wichtigen Ereignissen und Entwicklungen.
Hast du gewusst? Weitere Beispiele für die diversen Engagements von Napoleon III. waren die Gründung des Thurgauer Schützenvereins und die Unterstützung beim Bau verschiedener Schlösser. Die Hochachtung für die Taten der kaiserlichen Familie in der Region zeigt sich denn auch daran, dass Louis Napoleon zum einzigen Thurgauer Ehrenbürger der Geschichte ausgezeichnet wurde. «Unter einem Kaiser machen wir's nicht», soll darum die nicht ganz ernst gemeinte Devise im Kanton sein, was Ehrenbürgerschaften betrifft und erklärt, warum seither keine weitere vergeben wurde.
«Napoelon III., der einzige Ehrenbürger, den der Thurgau kennt.»
Tour Napoleon und Rundweg
Unterwegs in Napoleons ehemaligem Reich ist man auf der Tour Napoleon. Diese führt zu Fuss von Ermatingen den Seerücken bis zum Napoleonturm hinauf. Nach Genuss der grandiosen Aussicht vom Turm aus geht’s immer mit Blick über den See hinab zum Napoleonmuseum, Schloss und Hotel Arenenberg. Das Bistro Louis Napoleon lockt mit Arenenberger Weinen und anderen regionalen Köstlichkeiten. Am Ende der Wanderung, im Hafen Mannenbach, empfehlen wir eine Schifffahrt zurück nach Ermatingen. Mit einer Übernachtung und einem Wellnessaufenthalt lässt sich der etwas kürzere und weniger steile, aber nicht minder schöne Napoleon Rundweg kombinieren. Start- und Schlusspunkt: Wellnesshotel Golf Panorama.
Hast du gewusst? Das südliche Unterseeufer von Kreuzlingen bis Schaffhausen, wo Louis Napoleon viel unterwegs war, nennt man spielerisch auch die «Côte Napoleon». Die kaiserliche Familie unterstützte übrigens auch die lokale Dampfschiffahrt: Sie zeichnete Aktien der heutigen Schifffahrtsgesellschaft Untersee Rhein und half, das Unternehmen in Fahrt zu bringen. Die Liebe zum See war gross und Louis sportlich: er schwamm regelmässig auf die Insel Reichenau. Dass er überhaupt und vor allem so weit schwamm, war zu jener Zeit eine erstaunlich Leistung. Wir empfehlen heute den Kilometer mit dem Schiff oder Kanu zurück zu legen.
Letzter Kaiser Frankreichs
Napoleon III. arbeitete sich nach Putschversuchen, Exil und langwieriger und sorgfältiger Positionierung in der französischen Regierung endlich zum letzten Kaiser der Franzosen auf. Von 1852 bis 1870 regierte er nach seinem grossen Vorbild, Napoleon I. das Land als zweites Kaiserreich. Er brachte Frankreich wirtschaftlichen Aufschwung, war aber auch gezwungen, immer neue Erfolge vorzuweisen, um sich als Kaiser die Gunst der Massen zu erhalten. Dies führte zu einer expansiven Außenpolitik und Kriegen, die der humanistische Napoleon III. nur widerwillig führte. 1870 wurde Louis Napoleon gefangen genommen und starb zwei Jahre später in England im Exil.