Das Tannzapfenland

Ein Märchenland – hügelig und üppig bewaldet. Die schöne Region im Hinterthurgau ist der südlichste Teil des Kantons und liegt eingebettet zwischen Wil und Winterthur. Man taucht ein in eine bezaubernde Gegend mit Fichten und Buchen, aber auch mit mächtigen Weisstannen. Dort im Land der Zapfen befindet sich auch die grösste Tanne des Kantons: Sie misst fast 50 Meter und gehört zum Forstrevier Fischingen. Ganze 200 Jahre hat sie auf den Ästen. Aber nicht nur den Tannen ist es wohl im Tannzapfenland. Auch Gämsen vermehren sich prächtig – ganze Herden werden ab und an gesichtet. Das passt doch. Ins Märchenland.

Massenhaft Tannzapfen, und hier und dort sogar Trüffel

Eveline Bänziger lässt ihre Hündin – ein Lagotto Romagnolo – nach Trüffeln schnüffeln. Sie heisst Lady und ist eine echte Trüffelheldin. Der Lagotto ist ein perfekter Arbeitshund, weil er belastbar ist, gern enormen Einsatz leistet und ein unendliches Bedürfnis hat zu gefallen. Sein ausgezeichneter Geruchssinn ermöglicht es ihm, Trüffel auf grosse Entfernung zu riechen. Er durchstreift Wälder, fotografiert die Gegend mit der Nase und erstellt olfaktorische Karten, die seine Suchvorgänge genau und präzise machen. Man nennt ihn deshalb auch den «König vom Wald».

«Die Königin der Knollen.»

Der Trüffelschnüffler

Aber umesusch gibt es keine Trüffelschnüffler – auch wenn die Rasse passt. Eveline Bänziger holte ihre Lady vor fünf Jahren aus Frankreich. Dort entdeckte sie die Freude an der Suche nach dem feinen Pilz und ging zu Hause auch auf die Pirsch. Beharrlich wanderte sie über Stock und Stein und Berg und Tal. So lange, bis ihre Lady nicht mehr nur Mäuse, sondern feinste Burgundertrüffel erschnüffelte. Heute ist Eveline ein Profi. Sie weiss wo, und Lady weiss wie. Ist ein Trüffel in Schnüffelnähe, dann pirscht Lady los und buddelt am Ort des Glücks wie verrückt. Immer die Nase zuvorderst gräbt sie so lange, bis sie hat, was sie will. Eveline ist zur Stelle, als die Hündin ihr stolz ihren Fund hinhält. Jetzt geht’s ganz schnell, denn sonst landet der Burgundertrüffel im Magen von Lady und nicht in der Trüffeltasche von Eveline. Braver Hund! Weiter geht’s. An einem guten Tag bringen die beiden schon mal einen Sack voll mit nach Hause.

Symbiose vom Feinsten

Trüffel wachsen unterirdisch. Die feinen Pilzfäden der Trüffel verknüpfen sich mit dem Wurzelende des Wirtsbaumes. So entsteht ein Nährstoffaustausch. Der Pilz sorgt durch seine wollige Struktur dafür, dass der Baum mehr Wasser aufnehmen kann. Der Baum wiederum versorgt den Pilz mit Kohlenhydraten, die er durch Photosynthese produziert. Win-win. Eine Symbiose vom Feinsten.

«An einem guten Tag bringen wir beide schon mal einen Sack voll mit nach Hause.»

Evelines Apérobrötli

Ein Fest ist es, wenn Eveline mit ihrem Suchhund Lady ihr wertvolles Gut nach Hause bringt. Und weil geteilte Freude doppelte Freude ist, kommen Freundinnen und Freunde einmal im Jahr in den Genuss dieser Köstlichkeit. Die Trüffelsucherin verrät uns ein einfaches Lieblingsrezept, mit dem sie ihre Gäste beim Apéro verwöhnt.

Der sagenumwobene Bichelsee

Der Bichelsee ist eine wahre Seeperle, eingebettet zwischen sanften Hügeln bietet sich dort ein grenzüberschreitendes Badeerlebnis: Die Kantonsgrenze zu Zürich verläuft nämlich direkt hinter dem Kiosk im Strandbad Bichelsee. Bis weit zurück ins 12. Jahrhundert erzählt man sich wundersame Geschichten über dieses sagenumwobene Plätzchen. Damals gab es anscheinend keinen Bichelsee, stattdessen einen Eichenwald, der einer frommen Witwe gehörte. Ein gemeiner Nachbar stahl ihr den Wald und obwohl sie jammerte, fand sie kein Gehör und verwünschte den geraubten Wald: Die Erde bebte, ein schrecklicher Sturm brach los, feurige Zeichen drohten am Himmel und als ein neuer Tag anbrach, breitete sich ein See an der Stelle des Waldes aus. Lange Zeit zerrissen die Fischernetze an den Eichen, die in der Tiefe tief verwurzelt standen, so erzählt man.

«Bei Bologna fand ein Trüffelsucher den wohl grössten Edelpilz der Welt. Sein Hund stöberte einen 1,483 Kilogramm schweren weissen Trüffel auf – eine Sensation.»

Von Schweinen und schweinisch teuren Trüffeln

Wieso die Schweine Trüffel finden, das ist einfach zu beantworten. Sie riechen nämlich so, wie ein Eber, der ready ist für die Paarung. Deshalb eignen sich weibliche geschlechtsreife Schweine auch für die Trüffelsuche. Also theoretisch. Denn wer wandert schon mit einem Schwein durch den Wald. Manchmal machen die Wildschweine den hiesigen Trüffeljägern aber schon einen Strich durch die Rechnung. De schneller isch de gschwinder. Und manchmal hat das Schwein eben Schwein gehabt.

Der helvetische Knollenboom

Die Schweiz ist nicht bekannt als Trüffelgebiet, da punktet schon eher das Piemont oder Südwestfrankreich. Doch die helvetischen Knollen holen auf. Seit ein paar Jahren zeigt sich hierzulande ein bescheidener Trüffelboom. Obwohl man sich wie Eveline Bänziger das nötige Wissen aneignen und sich mit einem Suchhund ausrüsten kann, ist die Trüffelsuche kein leichter Weg zum schnellen Geld. Zwischen 600 und 800 Franken pro Kilo gibt’s für den in der Schweiz weit verbreiteten Burgundertrüffel. Zehnmal tiefer ins Portemonnaie greifen Restaurants für den weissen Trüffel, die teuerste und seltenste Trüffelart, die man in freier Wildbahn, aber eben nicht im Thurgau findet.

Schwarzes Gold im Thurgau

Geduld ist wie der Trüffel selbst, man muss sie eine Weile suchen, bis man sie findet. Deshalb gibt es im Thurgau nur zwei Landwirte, die ihr Glück versuchen und eine Trüffelplantage bewirtschaften. Vergleichbar mit Goldgräbern sind sie unterwegs auf dem Trüffel Rush, um irgendwann Schwarzes Gold zu ernten. Ganze 700 Franken werden geboten für ein Kilo Burgundertrüffel. Wir haben nachgefragt und wollten wissen, ob sich die Geduld schon ausgezahlt hat.

Ein Schloss mit Gold im Garten

Das Schloss Hagenwil ist das einzige erhaltene Wasserschloss im Thurgau. Historisch gesehen ist es ein absolutes Highlight und in jedem Fall einen Ausflug wert. Seit über 200 Jahren ist es Eigentum der Familie Angehrn, die ein Restaurant im Schloss führen und eigenen Wein anbauen. Ausserdem pflanzten die innovativen Inhaber im Herbst 2014 auf 5300 Quadratmetern rund 600 kleine Eichen, Föhren, Hainbuchen und Haselbäume. Die Wurzeln der Bäume wurden mit den Sporen des Trüffelpilzes geimpft. Erklärtes Ziel: Im eigenen Restaurant Trüffel aus der eigenen Plantage anbieten. «Das Angebot auf unserer Karte lässt sich nicht planen. Es ist abhängig vom Erfolg des Trüffelhundes». Hier wurden bislang noch keine Trüffel geerntet. Aber Alfons Angehrn fügt an: «Wer wagt, gewinnt.»

Eine patente Plantage für Trüffel und Paten

Vor einigen Jahren entschloss sich Jürg Truninger, auf mehr als Erdbeeren und Kirschen zu setzen, und investierte in eine Trüffelplantage auf dem Seerücken. Hier auf dem Bild sehen wir ihn vor seinen Perigord-Trüffelbäumen, eine besondere Art, die bei uns nicht wild wächst. Auf seinen Plantagen mit rund 700 geimpften Bäumen wachsen sechs verschiedene Trüffelsorten. Weil die Pflege enorm viel Zeit, Geduld und noch viel mehr Geld fordert, können sich Trüffelpaten an den Kosten beteiligen und dürfen einst Trüffel und Spass an Trüffelevents auf Truningers Hof ernten. Jene Veranstaltungen können auch exklusiv für Gruppen gebucht werden: Mit Spürnase Nubia begeben sich Interessierte auf Trüffelsuche und geniessen anschliessend die Funde bei einem Apéro, einem Waldfondue oder einer Grillade.

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